Bye bye, Skin Shaming

November 11, 2021

Bye bye, Skin Shaming

Lena Severin

In der Kosmetikindustrie kommen wir immer wieder mit den Begriffen “Anti-Pickel”, “Anti-Mitesser” und “Anti-Unreinheiten” in Berührung. Alle sind anti. Aber wieso?

1. Pickel, na und?

Wer den Knall in dieser Branche noch nicht gehört hat, hört ihn vielleicht jetzt: Pickel, Mitesser und Co. sind ganz normale Hauterscheinungen. Egal welcher Hauttyp und welches Alter, jede*r hat mal mehr, mal weniger von ihnen. Und das ist auch völlig ok so. Wir müssen aufhören, uns von diesen “Anti”-Slogans in unser Selbstwertgefühl pfuschen zu lassen. Egal, ob ein einziger Pickel, oder ein Gesicht voller Pickel: Sie haben nichts mit deiner Persönlichkeit zu tun und machen dich nicht schlechter oder weniger liebenswert!

2. Bei uns hat Skin Shaming keinen Platz.


Mit 16 waren Pickel mein größter Feind. Ob ich das Selbstbewusstsein hatte, extrovertiert zu sein, jemanden anzusprechen, einen Vortrag zu halten oder mir einen Zopf zu machen, wurde davon bestimmt, wie mein Gesicht tagesaktuell aussah. Und ich weiß, dass es nicht nur mir so ging. Meine Freundinnen und ich haben uns damals regelmäßig getroffen, um neue “Anti-Pickel” Masken, Gelroller und Cremes zu testen, den besten Abdeckstift oder das ideale Make-up zu finden. Für uns war klar: Pickel gehören nicht zu uns und sollten versteckt werden. Damit wir uns besser fühlen. Damit wir uns schön fühlen.

Würde uns nicht suggeriert werden, dass Pickel eklig sind und nur durch mangelnde Hygiene entstehen, hätten wir uns alle in der Pubertät bestimmt wohler gefühlt. So viel Mobbing, dumme Sprüche, Ausgrenzung, mangelnde Selbstsicherheit und Traurigkeit sind durch die ungewollten Begleiter auf der Haut entstanden. Und woran liegt das? An mangelnder Aufklärung darüber, was tatsächlich Pickel verursacht (vor allem in der Pubertät) und Werbung, in der sie als Makel dargestellt werden.

Dass über die sozialen Medien Beauty-Ideale ganz schön verzerrt werden, ist kein Geheimnis. Und zum Glück gibt es Positivity-Bewegungen, die besonders in Bezug auf Körper und mentale Gesundheit inzwischen weite Kreise schlagen. Aber die #Skinpositivity steckt noch in den Kinderschuhen. So viele merkwürdige Beauty Hacks und Tipps, die durch die sozialen Medien geistern… da schütteln wir im Team manchmal nur noch mit den Köpfen. Kartoffelschalen auf die Nase reiben, um Mitesser los zu werden? Gesichtsmasken, die sämtlichen Schmutz, aber auch sämtlichen Talg aus den Poren ziehen?

Sicher, ich verstehe, dass man Pickel loswerden möchte. Und es stimmt, dass eine Haut ohne Pickel einfach gesünder ist. Aber müssen deshalb Produkte und Beauty Hacks so “Anti” sein? Haben Pickel es verdient, der Feind Nummer 1 auf unseren Gesichtern und Produktverpackungen zu sein? Ich denke nicht.

3. Pickelprodukte? Ja, aber ohne Scham

Versteh’ mich nicht falsch. Es ist wichtig, dass wir den kleinen Ausbrüchen auf unserer Haut Beachtung schenken. Es sind schließlich kleine Verletzungen, die es sinnvoll zu pflegen gilt, damit die Haut wieder verlässlich ihre natürlichen Funktionen erfüllen kann. Aber wieso müssen wir dabei auch noch mit Anti-Pickel-Attitüden getriggert werden? Ich selbst zum Beispiel habe immer wieder zu bestimmten Zeiten meines Zyklus mit hormonellen Unreinheiten zu tun. Und da bin ich zu 100% nicht alleine. Diese Unterlagerungen wachsen langsam aus der Haut heraus, fühlen sich mehr an wie ein Insektenstich und sind obendrein auch noch schmerzhaft. Quasi der Pickel-Jackpot schlechthin. Aber: Sogar diese Pickel verdienen es, nicht so viel Anti-Haltung abzubekommen. Unsere Haut möchte mit uns kommunizieren. Sie teilt uns mit, dass etwas in unserem Körper nicht so rund läuft und wenn wir lernen würden, sie besser zu verstehen, würden wir Unreinheiten ganz anders betrachten. Nämlich als kleine Botschafter, die symptomatisch auftreten, um uns zu sagen: “Hey, hör mal in dich rein, beobachte dich selber, denn irgendetwas stimmt nicht so ganz”.

Wir verfolgen ja generell einen ganzheitlichen Ansatz, besonders, wenn es um die Behandlung der Haut geht. Denn wir wissen, dass hinter Trockenheit, Pickeln und auch den meisten Krankheiten einfach mehr steckt und mehr getan werden muss, als die passende Pflege zu finden. Für uns gehen Ernährung, Psyche, Lifestyle und die Haut Hand in Hand. Und das eben auch bei Pickeln. Deshalb möchte ich dir ans Herz legen: Verfluche deine Haut nicht, sondern höre auf sie. Beobachte wie sie sich verhält, ob du einen Zusammenhang mit deinem hormonellen Zyklus entdeckst, mit bestimmten Lebensmitteln, Stress oder anderen Lebensumständen. Schau außerdem, welche Pflege du verwendest, denn picklige Haut mag aggressive Tenside im Reinigungsprodukt genauso wenig wie jede andere Haut. Wenn du mehr über die Ursachen, Pflege und den Umgang mit unreiner Haut wissen möchtest, habe ich weiter unten noch mehr Beiträge erwähnt, die für dich interessant sein könnten.

4. Kommt Zeit, kommt Gelassenheit

Vielleicht klingt das merkwürdig, weil ich selbst noch nicht mal an der 30 kratze und mit Sicherheit auch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen habe. Aber was meine Haut angeht, bin ich ab 21 immer entspannter geworden. So what, dann habe ich halt einen Pickel oder eine fette Unterlagerung. Heißt das, ich darf meinen Fuß nicht mehr vor die Tür setzen? Muss ich meine Kamera in Online-Meetings ausschalten? Muss ich froh sein, dass die FFP2-Maske den Pickel bedeckt? Nein.

Es hat lange gedauert, aber mittlerweile spare ich mir sogar den Griff zum Concealer, um meine Unreinheiten abzudecken. Für mich hat Make-Up eine ganz andere Bedeutung bekommen, als damals, in der Schule, als ich mit meinen Freundinnen die Drogerien der Stadt erobert habe. Mich zu schminken war ein Weg, alles, was ich nicht mag, abzudecken, zu kaschieren und zu verstecken. Wenn ich mich heute schminke, benutze ich ausgewählte Produkte, um genau das, was ich an mir mag, hervorzuheben. Und wenn mir da ein Pickel im Spiegel entgegen lacht, dann lasse ich ihn lachen, statt solange Concealer einzuklopfen, bis er kaum noch zu sehen ist.

Es sollte wichtig sein, die verletzte Haut zu heilen, also den Pickel zu pflegen, statt ihn zu überdecken oder aggressiv behandeln zu wollen. Das sollte Priorität sein. So sollte in unserer Branche kommuniziert werden. Damit die Gesundheit der Haut im Fokus steht und nicht die Scham und das Unwohlsein. Mit diesen Gedanken haben wir unsere Pickelpaste und unser Zink Gesichtswasser entwickelt. Ohne “Anti”, dafür mit ganz viel Unterstützung für den Heilungsprozess deiner Haut.

Ein Pickel ist eine Entzündung in der Haut. Und Entzündungen im Körper haben immer eine Ursache.

Es wird höchste Zeit, anzuerkennen, dass es X Ursachen für Unreinheiten gibt: Hormone, Stress, Ernährung, falsche Pflegeprodukte, unsere Umgebung – nur, um mal ein paar aufzuzählen. Lasst uns unsere Haut dafür feiern, dass sie so mit uns in Kontakt tritt und ihr das geben was sie benötigt, um sie zu heilen. Von Innen und von Außen. Wenn du nun auch die Nase voll von Skin Shaming hast und dich über den Ursprung deiner Unreinheiten schlau machen möchtest, empfehle ich dir unseren Instagram-Beitrag, in dem wir dir mögliche Ursachen, Tipps und Pflegemöglichkeiten empfehlen. Damit du deinen Körper und deine Haut gemeinsam pflegen kannst.

Und wenn du mehr Fachwissen dazu haben möchtest, wie Pickel genau in der Haut entstehen und was genau hinter den neuen Produkten, der Pickelpaste und dem Reinigungsgel, steckt, schau mal in dem Beitrag unserer angehenden Pharmazeutin Mara vorbei!

Bis dahin, pflege deine Haut gesund, lass deine Pickel Pickel sein und übe dich in Gelassenheit. So bleibt nur noch eins zu sagen: Skin Shaming adé!