Neben den anderen Hautzuständen, wie periorale Dermatitis, Psoriasis & Co., die wir bereits hier auf dem Blog, aber auch in unserer #skintalk Reihe auf Instagram besprochen haben, darf natürlich die atopische Dermatitis nicht fehlen.
Und warum darf sie nicht fehlen? Weil sie eine der häufigsten Hauterscheinungen überhaupt ist, wobei sie dir vermutlich auch eher als Neurodermitis bekannt ist. Deswegen liegt es mir auch besonders am Herzen darüber zu schreiben und dir Tipps an die Hand zu geben, wie du die Haut optimal unterstützen kannst.
Dafür ist es besonders wichtig zu verstehen, was bei Neurodermitis mit der Haut passiert. Wenn du selbst betroffen bist, dann weißt du das vielleicht auch schon, aber dennoch bin ich dafür, so viel wie möglich aufzuklären, um immer mehr Wissen in diese Bereiche der Hautpflege zu bringen und somit auch mehr Verständnis und gleichzeitig weniger Scham.
Denn Veränderungen der Haut sind meist gut von außen zu sehen und können schlecht versteckt werden. Somit ist das Ganze für die Betroffenen psychisch sehr belastend. Keyfact dazu: Häufig gehören Faktoren wie Stress und innerer Druck auch zu den Auslösern, denn sie stimulieren bestimmte Immunzellen die wiederum Entzündungsbotenstoffe aussenden! Not good.
Je mehr wir also offen darüber sprechen, desto mehr können wir den Druck rausnehmen und der Haut die Chance geben zu heilen.
In diesem Beitrag erfährst du
- Was genau bedeutet Neurodermitis und wie äußert sie sich?
- Wie entsteht Neurodermitis?
- Welche Faktoren können einen neuen Schub begünstigen?
- Worauf du noch achten solltest
- Was du bei Neurodermitis tun kannst
- Meine 7 Tipps bei Neurodermitis
1. Definition: Was genau bedeutet Neurodermitis und wie äußert sie sich?
Neurodermitis ist eine chronische Hauterkrankung, die sich phasenweise bessert, aber auch wieder verschlechtern kann. Fachsprachlich nennt man diesen Zustand chronisch-rezidivierend.
Äußern tut sich dies hauptsächlich mit ausgeprägtem Juckreiz, trockener Haut und Ekzemen, also stark entzündeten Stellen. Typischerweise treten diese Symptome bereits im Kindesalter auf und ist hier weiter verbreitet: 10-15 % aller Kinder erkranken daran. Während der Pubertät verschwindet sie aber in den meisten Fällen wieder, weshalb nur 1-3 % aller Erwachsenen betroffen sind.
Im Erwachsenenalter äußert sich die Neurodermitis meist in Arm-, Kniebeugen und anderen Beugeseiten, aber auch an den Händen. Bei Kindern vermehrt auf Wangen, Armen und Beinen.
Bei Säuglingen könnte ein Anhaltspunkt für Neurodermitis der sogenannte Milchschorf sein. Ein krustiger Hautausschlag am Kopf und im Gesicht. Im Kindesalter ist der Ausschlag vorwiegend an den Beugeseiten von Armen und Beinen, aber auch im Gesicht und am Hals vorzufinden. Aufgrund des Juckreizes, fällt es den Kindern oft schwer die betroffenen Stellen nicht aufzukratzen. Daher kommen zu den krankheitstypischen trockenen Hautschuppen, Papeln und Rötungen, schnell Entzündungen und Verkrustungen der offenen Hautareale hinzu.
atopisches Ekzem am Ellenbogen
Neurodermitis kann sich also sehr unterschiedlich und besonders an unterschiedlichen Stellen äußern. Das Leitsymptom bleibt jedoch der starke Juckreiz, der für die abschließende Diagnose auch obligat ist, also vorhanden sein muss.
Besonders problematisch ist natürlich hier das erhöhte Risiko einer Infektion durch Bakterien, die durch die trockene, rissige Haut und die dadurch geschädigte Hautbarriere schneller eindringen und zusätzliche Erkrankungen hervorrufen können. Mehr dazu weiter unten bei Punkt 5.
Obwohl sich die Zahl der Neuerkrankungen in den letzten 10 Jahren verdoppelt hat, ist die Ursache für diese Hauterkrankung noch nicht komplett ergründet. Es werden aber Zusammenhänge zwischen der Funktionsweise des Immunsystems und allergischen Reaktionen gesehen. In den meisten Fällen haben nämlich bestimmte Triggerfaktoren die Reaktion der Haut ausgelöst.
Dass sie durch erbliche Veranlagung weitergegeben werden kann, wurde allerdings bereits belegt werden und trifft bei ca. 70% aller Erkrankten zu.
2. Pathogenese: Wie entsteht Neurodermitis?
Da die Auslöser für Neurodermitis, abgesehen von der genetischen Erblichkeit, noch nicht komplett erforscht sind, kann ich euch nur die im Verdacht stehenden und aktuell diskutierten Ursachen nennen:
- eine Fehlsteuerung des Haut-Immunsystems
- Störungen des neurovegetativen Systems, also die Haupt-Steuerzentrale des Körpers funktioniert nicht ganz richtig
- die Hornschicht der Haut weist ungewöhnliche Eigenschaften auf und es kommt zu strukturellen Veränderungen wichtiger Bestandteile wie Ceramide, Proteine und Enzyme
- Forscher gehen nach neuen Erkenntnissen ebenfalls davon aus, dass die natürliche Hautbarriere bei Neurodermitis nicht voll funktionsfähig ist, da festgestellt werden konnte, dass ihr ein essentielles Protein fehlt, welches für die Strukturbildung und Keratinisierung, also Stabilisierung der Haut zuständig ist. Ebenso ist ein Teilaspekt der gestörten Hautbarriere eine Fettstoffwechselstörung der Haut. Dadurch kommt es zu einem Mangel an Lipiden, weshalb die Haut trocken und irritiert ist. Diese Beschaffenheit wirkt entzündungsfördernd und begünstigt so Infekte.
- Man geht ebenfalls davon aus, dass Neuropeptide, also Botenstoffe, die von Nervenzellen freigegeben werden, im Zusammenhang mit der Entstehung von Neurodermitis stehen. Stress und psychische Belastung sind als Faktoren der Entstehung ebenfalls bekannt.
- Im Fall der genetischen Prädisposition liegt die Wahrscheinlichkeit bei 60-80%, wenn beide Elternteile erkrankt sind.
Wir merken also, dass eine Neurodermitis-Erkrankung viele verschiedene Ursachen haben kann. Deswegen handelt es sich um eine sogenannte multifaktorielle Erkrankung, wie das auch bei vielen anderen Hauterscheinungen der Fall ist!
3. Triggerfaktoren: Welche Faktoren können einen neuen Schub begünstigen?
Neurodermitis im Dekolletè
Wie ich zu Beginn des Artikels bereits erwähnt hatte, kann die Ausprägung der Neurodermitis phasenweise mal schwächer oder mal stärker sein und auch ganz ausbleiben. Deswegen wird auch von sogenannten Schüben gesprochen. Diese Schübe werden häufig durch Substanzen oder Situationen getriggert. Hier sind einige allgemeine Beispiele:
- aggressive Reinigungsmittel
- Kontakt zu Umweltallergenen (Tierhaare, Pollen, Hausstaubmilben etc.)
- bestimmte Inhaltsstoffe in Nahrungsmitteln (z.B. Milch, Zitrusfrüchte etc.)
- Stress
- Schweiß
Achte demnach am besten besonders auf folgende Umstände und Faktoren, die entweder einen Schub auslösen oder die Ausprägung verschlimmern könnten:
- Allergene / Pollen Tierhaare Nahrungsmittel
- Infekte
- emotionale Belastung / Stress Überanstrengung Angst Aufregung
- mechanische Hautreize / kratzige Stoffe, Bürsten
- Austrocknung der Haut / Heizungsluft
- starkes schwitzen / Sport, Sauna, Feucht-warmes Klima
- Klima und Wetterschwankungen allgemein
- Hormonschwankungen
- Ernährung / best. Unverträglichkeiten
- Darmgesundheit
4. Komplikationen: Worauf du noch achten solltest!
Aufgrund der Defizite in der Hautbarriere, kommt es in der Regel zu einer gestörten Hautflora. Also die Bakterien, Viren und Pilze die sich natürlicherweise auf unserer Haut befinden sind aus dem Gleichgewicht und können uns nicht mehr so gut vor unerwünschten Eindringlingen schützen.
Durch nässende, aufgekratzte Stellen besteht so ein großes Risiko einer Infektion, bspw. durch Staphylokokken, die in schlimmen Fällen äußerst hartnäckig sein können. Achte daher ganz besonders darauf, dass du die juckenden Stellen nicht aufkratzt. Auch wenn das wohl eine der härtesten Übungen ist!
Die Trockenheit der Haut macht es außerdem Hefen und Pilzen besonders leicht sich in den kleinen Rissen niederzulassen und verstärkt so die Entzündungsreaktion noch weiter.
Durch ein geschwächtes Immunsystem können sich zudem Herpesviren schneller einnisten.
5. Therapie: Was du bei Neurodermitis tun kannst!
Bei all den nicht gänzlich geklärten Ursachen und unangenehmen Auswirkungen, möchte ich euch nun aber einen kleinen Hoffnungsschimmer am Horizont geben.
Am wichtigsten ist es, die Substanzen und Situationen zu vermeiden, die Schübe auslösen. Achte zum Beispiel darauf keine Wolle zu tragen, beim Putzen Handschuhe zu tragen und mechanische Reize wie Reibung zu vermeiden. Um der Trockenheit entgegenzuwirken, können Ölbäder, oder harnstoffhaltige Cremes helfen.
Bei akuten Schüben, können Antihistaminika und Glukokortikoide, die gehören zu den Steroidhormonen, den Juckreiz lindern. Allerdings solltest du die Glukokortikoide nicht zu lange anwenden, um eine Verdünnung, oder einen Schwund des Gewebes zu vermeiden. Wenn es geht, solltest du diese natürlich am besten ganz meide, ich möchte dir hier aber trotzdem alle Möglichkeiten aufzeigen.
Bei schlimmeren Infektionen ist es natürlich immer ratsam einen Hautarzt oder Hautärztin aufzusuchen, um ein Ausbreiten zu verhindern!
2018 wurde Dupilumab als sogenanntes Biological, zur Therapie zugelassen und zeigt sich vielversprechend als nebenwirkungsarme Alternative zu systemischen, also oral eingenommenen Therapien. Biologicals sind Arzneimittel, die mit Hilfe von Biotechnologie und Gentechnik hergestellt wurden. Dabei handelt es sich meist um Antikörper, körpereigene Botenstoffe und Eiweiße.
Aktuell wird die Zulassung weiterer Biologicals geprüft, sodass wir davon ausgehen können, dass Dupilumab bald nicht mehr die einzige Alternative ist.
6. Meine 7 Tipps bei Neurodermitis
Da es mir jedoch wichtig ist, dass du deine Haut auch selbst gut unterstützen kannst und nicht von Ärzten etc. abhängig bist gebe ich dir noch weitere Tipps mit die du auch für dich selbst umsetzen kannst, bei denen du die Gesundheit deiner Haut auch selbst in die Hand nehmen kannst!
Das A und O der Hautpflege bei Neurodermitis ist eine gute Basispflege und das Bewusstsein dafür, dass deine Haut ein Organ ist, welches viel Aufmerksamkeit und liebevolle Pflege braucht.
Dadurch kannst du deine Hautbarriere unterstützt, den Juckreiz lindern und das Entzündungsrisiko minimieren.